Gute Eltern bleiben trotz Trennung…?

Wenn Paare sich trennen, können sie unterschiedlich damit umgehen. Es ist möglich dass die ehemaligen Partner eigene Wege gehen, sich nie wieder sehen, sich freundlich von weitem grüßen, manchmal auch Freunde bleiben oder später wieder werden. Doch häufig geht nicht nur die Paarbeziehung zu Ende, sondern noch weitere Personen sind von der Trennung betroffen. Statistisch erleben jährlich etwa 300.000 Kinder das Ende der elterlichen Beziehung mit. Kinder können Veränderungen zwar häufig gut bewältigen, doch geht die Trennung mit dem Beziehungsabbruch zu einem Elternteil einher oder erleben die Kinder die Streitigkeiten ihrer Eltern mit oder werden selbst zum Teil des Konfliktes kann dies zu ernsthaften gesundheitlichen Problemen der betroffenen Kinder führen. Dies können vorübergehende oder andauernde Verhaltensauffälligkeiten sein, die Schwierigkeiten können sich aber auch bis hin zu Angststörungen oder Depressionen zuspitzen. 

Nicht verwunderlich also, dass sich viele Eltern im Trennungsprozess fragen, ob es nicht auch funktionieren kann gute Eltern zu bleiben, trotz der Trennung? Zunächst einmal: Die gute Antwort ist, ja es geht. Die schlechte ist, leicht ist es für die Beteiligten meist nicht. Im Vergleich zu Trennungen ohne Kinder, in denen man frei entscheiden kann, in welcher Weise man den gemeinsamen Weg beendet, sehen sich Eltern in Trennung häufig vor die Frage gestellt, wie die verbleibende  Elternbeziehung vor dem Hintergrund der aufgelösten Paarbeziehung aussehen kann. Häufig baut sich ein wahres Gebirge aus schmerzlichen Fragen auf. Wieviel Kontakt geht noch auszuhalten? Welche Absprachen sind sinnvoll und wichtig? Wieviel Einfluss kann ich noch auf das Leben im anderen Haushalt nehmen? Was muss ich aushalten? Wie gehe ich mit neuen Partner:innen um? … 

In der Zusammenarbeit mit Eltern, die diesen Prozess erfolgreich gemeistert haben, ergeben sich häufig wiederkehrende Erkenntnisse, die sich einstellen, wenn man den Trennungsprozess aus der Perspektive der Kinder ansieht: 

1. Konkurrenzverzicht

Auch wenn die eigene Beziehung zum Expartner abgebrochen ist, die Beziehung des Kindes zum anderen Elternteil ist es nicht. Versuchen Sie also, Nachfragen nach der abwesenden Mama, dem abwesenden Papa auszuhalten, Erinnerungen wohlwollend zu teilen und vermeiden Sie möglichst, eine Konkurrenz um den besten Elternteil entstehen zu lassen. 

2. Sicherheiten bieten

Wenn vieles sich ändert, kann manches dennoch gleich bleiben? Kinder brauchen in Lebensphasen mit einschneidenden Veränderungen besonders viel Sicherheit. Versuchen Sie also, neben den unvermeidbaren Veränderungen auch wichtige Rituale und für die Kinder wertvolle oder liebgewonnene Alltagsbestandteile aufrechtzuerhalten. Dies kann die Gute-Nacht-Geschichte, das regelmäßige Wochenende mit Oma und Opa, die gleiche Schule oder KiTa und vieles andere mehr sein. 

3. An gemeinsamen Erziehungszielen oder -werten festhalten

Nach einer Trennung müssen nicht alle gemeinsamen Werte über den Haufen geworfen werden – besonders für die involvierten Kinder ist es wichtig, dass sich Eltern nach wie vor zu zentralen Erziehungsfragen austauschen und möglichst einen Konsens finden, an dem sich die Erziehung ausrichtet, auch wenn sich diese in verschiedenen Haushalten ereignet. 

4. Orientierung und Verlässlichkeit bieten

Was Kinder an Erklärungen zu den Ereignissen benötigen richtet sich sehr nach dem Alter und den Möglichkeiten, die Situation zu überblicken. Versuchen Sie, sich in den Alltag und die Gefühlswelt Ihrer Kinder hineinzuversetzen. Welche Sprache benutzen sie, welche Veränderungen werden konkret spürbar sein? Es ist wichtig, sich dem Entwicklungsstand der betroffenen Kinder anzupassen um die Veränderungen, die sich in ihrem Leben nun ergeben werden, zu erklären. Und noch wichtiger ist, mit den Veränderungsprozessen ehrlich umzugehen. 

5. Konflikte direkt austragen

Versuchen Sie, die Konflikte auf der Erwachsenen-Ebene auch dort zu lassen und Ihre Kinder nicht hineinzuziehen. Kinder sollten weder konflikthafte Botschaften übermitteln, noch Abwertungen des jeweils anderen Elternteils aushalten müssen, da sie dadurch in Loyalitätskonflikte geraten, die sie meist nur schwer aushalten können. 

6. Wichtige Ereignisse gemeinsam meistern

Wichtige Ereignisse wie Geburtstage, Schuleinführung, Jugendweihe/ Konfirmation, Schulabschluss etc. wollen Kinder mit ihren wichtigsten Bezugspersonen teilen. Überlegen Sie gemeinsam, in welchem Rahmen, unter welchen Umständen Sie dies eventuell ermöglichen können, auch wenn dies eventuell eine erhebliche Nervenprobe werden kann. 

Und wenn das alles nicht so einfach zu schaffen ist? 

Viele Eltern in Trennung kennen die Schwierigkeiten, die sich ergeben, wenn man in dieser Situation noch gemeinsame Absprachen oder Entscheidungen treffen muss. Manchmal kann es schon schwierig sein, die Meinung oder auch nur die Anwesenheit des Anderen auszuhalten. Sollten Sie feststellen, dass Sie trotz des Bestrebens, Ihrem Kind weiterhin gute Eltern zu sein, an Ihre Grenzen in der Beziehung- oder Alltagsgestaltung zu stoßen, zögern Sie nicht, sich Unterstützung im Rahmen einer Beratung zu holen. Durch die Auseinandersetzung mit den Schwierigkeiten in einem neutralen Rahmen gelingt es häufig besser, sich auf die neue Beziehungskonstellation einzustellen, Vereinbarungen zu treffen und den Veränderungsprozess so zu gestalten, dass er für alle Beteiligten gut zu bewältigen ist.

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